Europa blickt einer Hitzewelle entgegen. Ausgetrocknete Flussbetten, Städte im Hitzestress, brennende Wälder und nun auch das Wasserentnahmeverbot aus Oberflächengewässern. Der Anfang vom Ende? Keineswegs, meint Hartmut Gräter. Der neue Klimaschutzmanager der RWU blickt optimistisch in die Zukunft. „Ich bin ein Boomer, der sich für den Klimaschutz einsetzt“, sagt Hartmut Gräter. „Nicht zu verwechseln mit den sogenannten Doomern, nach deren Ansicht alles schon zu spät ist.“ Ihnen dürfe man keinesfalls Recht geben. „Es ist nicht so, dass man nichts mehr retten kann. Man darf nur nicht so weiter machen wie bisher.“
Viele spannende Baustellen
Doch wie macht man’s anders? „Baden-Württemberg hat sich mit dem neuen Klimaschutzgesetz ein ambitioniertes Ziel gesteckt“, sagt der Klimaschutzmanager. Der Treibhausgasausstoß des Landes soll im Vergleich zu 1990 um mindestens 65 Prozent bis zum Jahr 2030 gesenkt werden. Die Landesverwaltung soll im Rahmen ihrer Vorbildwirkung bereits 2030 die Netto-Treibhausneutralität erreichen. „Wir reden hier über ein Ziel, das nur rund acht Jahre entfernt liegt. Das ist ganz schön mutig.“ Wie der Campus der RWU bis 2030 klimaneutral werden kann, wird in enger Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Amt für Vermögen und Bau, dem Gebäudemanager der RWU - Tillman Pfaue - und dem Senatsbeauftragten für Nachhaltigkeit, Professor Dr. Markus Pfeil untersucht.
„Jeder Campus ist anders, aber es sind immer ähnliche Maßnahmen, die zum Ziel führen“, erklärt Hartmut Gräter. Die messtechnische Erfassung und das Monitoring werden verbessert, Verteilverluste verringert, die energetische Sanierung von Gebäuden vorangetrieben, die Hackschnitzelanlage weiter optimiert und die Stromerzeugung über Fotovoltaik ausgebaut. Die Gremien der Hochschule und ehrenamtlich Engagierte sollen in diesen Prozess intensiv einbezogen werden. „Wir benötigen eine breite und stabile Mehrheit für ein so weitreichendes Konzept, auch beim ausführenden Bauamt“, sagt Hartmut Gräter. „Das werden viele spannende Baustellen, aber es wird sich für Umwelt und Steuerzahler lohnen. Nicht zuletzt trägt ein ehrgeiziges Klimaschutzkonzept zur Attraktivität des Studienstandortes bei. Wie bei der Formula Student gilt: Wir wollen vorne dabei sein.“
Für die junge Generation
Neben der RWU ist Hartmut Gräter für fünf weitere Hochschulen zuständig. „Das Charmante ist, dass die Hochschulen voneinander lernen können.“ Jede Hochschule habe bereits Maßnahmen umgesetzt und Erfahrungen sammeln können, jeder Technische Betrieb verfüge über Expertise in einem anderen Bereich. „Ich komme immer ein bisschen schlauer nach Hause.“ Das Klimaschutzmanagement an den Hochschulen, für Hartmut Gräter ist es ein inspirierendes Arbeitsumfeld. „Ich arbeite für die junge Generation. Viele unserer Studierenden werden das 22. Jahrhundert erleben und sie haben ein Anrecht darauf, dass wir ihnen eine lebenswerte Welt hinterlassen. Wenn wir es nicht können, wer dann?“
Hartmut Gräter ist Diplom-Ingenieur (FH) für Maschinenbau und hat einen M.Sc. in Architektur und Umwelt. Seit 1999 beschäftigt er sich mit flächen- und energiesparrenden Bauweisen und entwickelt denkmalverträgliche Nutzungskonzepte, die er als Projektleiter umgesetzt hat. An der Hochschule Wismar hat er von 2014 bis 2018 ein Energie- und Umweltkonzept erarbeitet und die Umsetzung sowie das Monitoring begleitet. Er pflanzt lieber Bäume als sie zu fällen, liebt das Schwimmen in Flüssen und Seen und – wie er sagt: „ nobody is perfect“ – fährt gerne mit seinem 34 Jahre alten VW-Bus in Regionen, wo es gutes Essen und schöne Städte gibt. Nach 35 Jahren im Beruf verfügt er über einen soliden Restbestand an Neugier und Optimismus und freut sich auf kommende Projekte.