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Jubiläum

„Hier ist Radio Schussental"

Jubiläum Prof. Edmund Böhm

Dr. Edmund Böhm ist Professor in der Fakultät Maschinenbau mit den Schwerpunkten Fertigungs- und Umformtechnik, Werkzeug- und Formenbau sowie Kunststoffverarbeitung. An der RWU lehrt er seit dem Wintersemester 2001/2002. Zum 25-jährigen Dienstjubiläum im öffentlichen Dienst gratulierten im Juni Rektor Professor Dr. Thomas Spägele und der Kanzler der RWU, Henning Rudewig.

Christoph Oldenkotte: Herr Böhm, sie sind seit 19 Jahren Professor an der RWU. Wo waren sie zuvor bereits im öD tätig, dass nun auf der Urkunde steht „für 25 Jahre im öffentlichen Dienst“?

Edmund Böhm: Ich habe 1976/1977 unsere Demokratie an der deutsch-deutschen Grenze verteidigt. Und ich war fünf Jahre an der TU Darmstadt beschäftigt, wo ich auch promoviert habe.

HAW-Professorinnen und Professoren müssen auch praktische Berufserfahrung gesammelt haben.

Zwölf Jahre war ich in der Nutzfahrzeugzuliefererindustrie tätig, sozusagen im Schatten der Großen LKW Hersteller. Da habe ich mich hochgearbeitet zum Produktionschef und technischen Vorstand, verantwortlich für weltweit eine Milliarde Umsatz. Für einen Bub aus einfachem Haus ohne Beziehungen war das schon was Besonderes.

Was bedeutet diese praktische Erfahrung für Ihre Lehrtätigkeit?

Ich habe viel gesehen, habe sehr viele Eindrücke gesammelt, vom Daimler bis zur kleinen Schweißerei an der rumänisch-moldawischen Grenze. Die Studierenden schätzen das. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass es unsere Aufgabe als HAW ist, elementare Praktiken zu vermitteln. Ohne Haptik, ohne Anfassen, ohne aktives, reales „Loch bohren“ ist das ist kein „echter“ Maschinenbau. Man kann in einem solchen Ingenieursstudiengang nicht den ganzen Tag am Rechner sitzen. Eine zu hohe Theoretisierung sehe ich kritisch.

Was waren Highlights in Ihren fast 20 Jahren als Professor an der RWU?

Früher war der heutige Hörsaal H 061 das Maschinenlabor. Dann kam das D-Gebäude dazu. Das galt es mit Leben zu füllen. Wir haben dann ein Symposium zu modernen Produktionsmethoden in der Umformtechnik veranstaltet. Das war ein Highlight.

Und natürlich der Master. Mit der Umstellung vom Diplomingenieur (FH) zu Bachelor und Master fiel die Entscheidung, dass wir im Maschinenbau auch einen Masterstudiengang aufstellen. Das bedeutete natürlich ein anderes akademisches Niveau. Es hieß immer „den Master müssen wir stemmen“. In der Folgezeit wurden die Berufungen darauf ausgerichtet. Dagegen bin ich ja eher der Pragmatiker, bei dem so mancher Uni-Prof wahrscheinlich die Nase rümpft. Aber wir haben das hingekriegt mit dem Master und ich war dann auch für eine Zeit Studiengansgleiter.

Und Highlights sind für mich natürlich die unendlich vielen Kooperationen mit den Firmen hier vor Ort.

Wie haben Sie das aktuelle Sommersemester im Zeichen von Covid 19 erlebt?

Das war und ist eine der größten Herausforderungen der letzten Jahre. Innerhalb von einem Monat mussten wir alles umstellen. Ich habe alle Versuche auf Video bereitgestellt.

Ist es Ihnen leichtgefallen, sich auf diese neuen Kommunikationswege einzustellen?

Ich habe sechs neue Hawaiihemden gekauft, extra für die Videos. Meine Frau mag sie gar nicht. Aber ich bin durchgängig mit 80 bis 90 Teilnehmern durch Corona gefahren, zum Teil mehr als im Präsenzbetrieb.

Bevor es losgeht, leg ich AC/DC auf, damit sind die wach. Und dann heißt es: „Hier ist Radio Schussental, Professor Böhm begrüßt Sie zu den Grundlagen der Fertigungstechnik.“

Hört sich an, als hätten Sie keine große Scheu vor diesen Formaten.

Ich muss sagen, ich bekomme ganz gute Kritiken.

Welche Rolle wird die digitale Lehre in Zukunft an der Hochschule spielen?

Ganz ohne digitale Lehre werden wir nicht mehr auskommen. Was wir jetzt in der Not machen mussten, hat auch Riesenvorteile. Es wird Ressourcen sparen. Ein Vortrag kann aus der Konserve kommen, dazu gibt es Übungen und Fragerunden. Wir müssen es schaffen, aus der Krise die Chancen zu übertragen. Die Kombination von digitalen Formaten und Präsenz wird eine Verbesserung der Lehre bringen.

Sie werden im Herbst 63. Was bringt der Blick in die Zukunft

Ich habe ein Maßband, auf dem waren mal 45 Semester, jetzt sind noch sieben drauf. Langweilig wird mir auf jeden Fall nicht. Ich bin Jäger, Motorradfahrer, Hobbykoch. Und ich möchte reisen, mit mehr Zeit und ohne Verantwortung.

Text:
Christoph Oldenkotte